Das Geständnis

Die Story könnte wirklich gut sein. Leider ist das Buch sehr langatmig und man verliert die Lust daran.

Ich lese immer wieder ein, mit Verlaub gesagt, Geschimpfe von Lesepublikum, das bei der Darstellung von schwierigen juristischen Sachverhalten und langen, mühsamen politischen Kämpfen sowie verschiedenster menschlicher Gefühlslagen sich überfordert fühlt. Auch mir geht es oft so, wenn Lösungen nicht sofort in sauber proportionierten Happen überschaubar vorliegen und ich viele der Worte und Begriffe nicht genau kenne.
Das Problem ist, dass ein Thriller im herkömmlichen Sinn über juristische Kämpfe eigentlich ein Widerspruch in sich ist.
Unser Rechtsempfinden
sagt uns klar, dass dem Mann, um dessen Leben es geht, ein empörendes Unrecht angetan wird, und zwar von den Angehörigen einer seit Jahrhunderten mächtigen Mehrheit.
Der engagierte Kenner dieses Systems John Grisham wird nicht müde, mit seinem Sachwissen aus vielen Bereichen, vor allem dem Bereich der Justiz, Unrecht anzuprangern und die vielfältigen Konflikte und Verflechtungen an Einzelfällen darzustellen.
Das Ziel seines Erzählens ist, Sensibilität und Nachdenken zu wecken.
Wem wiederholtes Lesen eines Abschnitts oder Nachschlagen über Zusammenhänge Mühe macht, dem empfehle ich, sich die Lektüre in kleinere Häppchen aufzuteilen.
Es gibt übrigens auch kürzere Texte, die schneller zu Kernthemen vordringen. Als Einstieg zum Beispiel in das Thema "Macht gegen Recht" empfehle ich die Erzählung "Die Waage der Baleks" von Heinrich Böll.
Da wird keiner umgebracht, aber Unrecht aufzudecken erweist sich auch für H.Bölls Großvater als ein gefährliches Unterfangen, das seine Familie mit der Vertreibung aus der Heimat bezahlt.
Was Mr. John Grisham angeht, so schätze ich seine Erzählkunst als eine der vielen Stimmen für Aufklärung und Menschlichkeit. Dass Verstehen nicht unbedingt Gutheißen bedeutet, dass Schuld wirklich nur dann vergeben und erledigt sein kann, wenn sie ERkannt, Bereut und BEkannt wird, und die schuldige Person ihr Möglichstes tut, um dem Opfer so weit als möglich zu helfen, das wird in dem Roman sehr eindringlich erzählt. Dass es jedoch auch ganze gesellschaftliche Systeme gibt, deren herrschende Schicht seit Langem in Dünkel gegenüber anderen, nicht als gleichwertig angesehenen Menschen zur herrschenden Weltanschauung verfestigt wird. Und aus diesem Dünkel erwächst alles Unrecht, alle Korruption.
Der Wahn, über dem Recht zu stehen, selber die Verkörperung des Rechts zu SEIN.
Mich hat bei der Lektüre unter anderem besonders erschüttert, wie ein tatsächlicher Lügner, der durch seine Falschaussage erst dem wirklichen Täter zur Straffreiheit verholfen und die Vorverurteilung eines Unschuldigen mit gefördert hat, wie der nun, als er die Möglichkeit hätte, seine einstige Aussage als Lüge zu widerrufen, sich buchstäblich wie ein verstocktes Kleinkind weigert, seinen Fehler einzugestehen, aus Angst... vor seiner eigenen, allzu gestrengen Mama als Lügner dazustehen.
Mr. Grisham kennt sich
ziemlich gut mit menschlichem Seelenleben aus.