Ruth: Bibelhörspiele 1.1

Das Buch Ruth ist in der Zeit nach Davids Königsherrschaft in die Reihe der Bücher des Alten Testaments aufgenommen worden, weil es vom Schicksal der Stammutter des Königshauses berichtet. Aber selbst ohne Zusammenhang mit dem gefeierten König David und der alttestamentlichen Heilsgeschichte ist die Erzählung von Ruth eine der bemerkenswertesten Geschichten. Wie in kaum einem andern Buch erhalten wir Einblick in das israelitische Volksleben zu jener Zeit. Wir erfahren vom Schicksal verwitweter Frauen (Naemi's Heimkehr nach Bethlehem); wir hören von komplizierten Erbrechts-Ordnungen (Boas' Gespräch mit den Männern am Tor). Die präzise, kunstvolle Darstellung macht die Menschen lebendig. Ruth, Naemi und Boas sind die Hauptfiguren. Orpa, die andere Schwiegertochter Naemis, der Knecht des Boas und der Erbe treten als Nebenfiguren auf.
Die Handlung ist einfach: Ruth, die junge Frau aus dem Moabiterland, folgt nach dem Tod ihres Mannes ihrer Schwiegermutter in deren Heimat, - ein Land, wo für sie keinerlei Aussicht besteht, zu einem Mann und einer Familie und damit zur Erfüllung ihres Lebens zu kommen. Als "Ausländerin", die zudem noch bettelarm ist, hat sie keine Aussichten. Kernpunkt der Erzählung ist, wie ihre menschliche Treue und ihre Hoffnung auf den Gott Israels reich belohnt wird. Sie findet in Boas nicht nur einen guten Mann, sondern ihr erstes Kind ist ein Sohn, aus dessen Nachkommenschaft Jesse, der Vater Davids, hervorgeht.

Zu einem Zeitpunkt, da es für einen rechtgläubigen Juden nahezu unvorstellbar war, dass das Heil auch den Heiden zuteil werden könnte - die prophetische Botschaft vom Heil für alle Völker ist noch nicht laut geworden - weist diese Erzählung am Beispiel der Ruth nach, dass Gott seine Gnade nicht auf die Glieder des auserwählten Volkes beschränken will.