Am System zerbrochen Am System zerbrochen

Am System zerbrochen

Der Salzburger Finanzskandal – eine Frau zwischen Politik und Verantwortung

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Beschreibung des Verlags

Der Salzburger Finanzskandal 

Eine Frau zwischen Politik und Verantwortung


Ein Buch über Macht und Ohnmacht. Basierend auf ihren persönlichen Erfahrungen, beschreibt die Autorin die Eskalation der Ereignisse, die im Jahr 2012 zu dem Salzburger Finanzskandal geführt haben. Der Autorin geht es darum, die Hintergründe klarzulegen. Sie klagt nicht an, sie deckt auf. Und sie tut dies in einer Weise, die durchwegs paradigmatisch ist. Was hier in Salzburg passiert ist, kann auch anderswo geschehen. Nicht die persönliche Anklage der Entscheidungsträger des Landes steht hier im Vordergrund, vielmehr wird ein System an sich in Frage gestellt, dessen Mechanismen sich gnadenlos und ohne Rücksicht auf das große Ganze – in diesem Fall das Land Salzburg – und schon gar nicht unter Rücksichtnahme auf einzelne Ausübende vollziehen.

Die Schilderung der Ereignisse setzt ein mit der Pressekonferenz vom 6. Dezember 2012, im Zuge derer die Chefs des Finanz-Ressorts die Autorin zu der alleinig Verantwortliche für entstandene Verluste erklärt haben. Ausgehend von diesem Tag sind die folgenden Kapitel des Buches als ein Rückblick gestaltet, indem die Autorin chronologisch erzählt, wie sich die Ereignisse von März bis Dezember 2012 immer weiter zugespitzt haben. Sie erzählt von ihren Weigerungen, Weisungen zu Lasten des Landes Folge zu leisten, von ihren Vorgesetzten, die ihre Verantwortung ohne zu zögern an Externen übertragen haben, von der Installation neuer Mitarbeiter, die weniger kritisch waren als sie selbst, jedoch auch nicht über ihr Know-How verfügten, und sie erzählt in fesselnder, man möchte sagen berührender Weise von ihrer beruflichen und persönlichen Demontage, die ihren Gipfel in der besagten Pressekonferenz erreicht hat 


Motivation für das Buch:


Während der schweren Tage nach dem 6. Dezember hat es mir besonders geholfen, wenn ich mich Freunden und Bekannten über all das, was mir widerfahren war, mitteilen konnte. Einige von ihnen haben mir geraten, alles, was ich in dieser kritischen Phase erlebt hatte, niederzuschreiben. Anfänglich hatte ich eigentlich nicht vor, meine Erlebnisse in einem Buch zu veröffentlichen. Vielmehr ging es mir darum, für mich selbst Klärung zu finden. Ich wollte die Vorgänge über das Medium der Sprache begreifbar machen – für mich selbst in erster Linie. Das Schreiben half mir bei der Aufarbeitung dessen, was ich erlebt hatte. Es half mir auch über meine persönlichen Enttäuschungen hinweg. 

Nachdem ich alles aufgeschrieben hatte, fand ich, dass auch andere Personen meine Geschichte lesen sollten. Was mir widerfahren ist, kann auch anderen passieren. Möge mein Buch Ihnen eine Hilfe sein. Ich wünschte, ich hätte dieses Buch nie schreiben müssen.


Auszüge aus dem Buch:


Die Geschäfte zur Zinssatzreduktion sollten wegfallen. Einerseits machten wir Budgetplanungen, bei denen wir von keiner Zinserhöhung ausgingen und sogar Zusatzeinnahmen im Finanzmanagement einplanten, und andererseits sollte ich Empfehlungen umsetzen, die dazu führten, dass sich der Zinsaufwand verdreifachen würde. Ich brachte es einfach nicht fertig, Entscheidungen zu treffen, die bewusst zum finanziellen Nachteil des Landes führten. Die Situation begann zu eskalieren und ich war gezwungen dazu, sie eskalieren zu lassen! Anders konnte ich nicht handeln. Als Konsequenz für mein Handeln wurden mir in der Folge meine Kompetenzen und Vollmachten im Finanzmanagement entzogen. Verständlicherweise verlangten die Geschäftspartner des Landes eine Aufklärung über die erfolgte Kompetenzänderung. Sie erhielten zuerst gar keine Auskunft und danach wurde ihnen erzählt, ich hätte ein Burn-Out. Jeder, der mich nur ein wenig kannte, wusste, dass das an den Haaren herbeigezogen war. Die eigentliche Ursache, dass ich mich geweigert hatte, Weisungen zu Lasten des Landes zu vollziehen, wurde den Geschäftspartnern des Landes und auch internen Kollegen nicht genannt.



Ich versuchte, mich zu beruhigen und stark zu bleiben. Schließlich hatte ich die Angelegenheit bewusst eskalieren lassen, jetzt musste ich auch die Konsequenzen dafür tragen. Auch wenn es mir nicht leicht fiel. Wollte ich einen einfacheren Weg, dann hätte ich zuvor anders handeln müssen. Das hätte ich aber nicht gekonnt, dafür nahm ich lieber die Lasten auf mich und blieb mir selbst treu.

Ich konnte meine Aufgaben als Referatsleiterin nicht mehr wahrnehmen. Es gab niemanden, der mir in dieser Situation half, auch nicht die Personalabteilung, bei der ich mich über die getroffenen Maßnahmen beschwert hatte.

Während meines zweimonatigen Zwangsurlaubes wurden neue Mitarbeiter angestellt, die meine Aufgaben übernehmen sollten. Alle Zahlungen der letzten Jahre im Rahmen des Finanzmanagements und alle Derivatgeschäfte wurden in der Zwischenzeit überprüft; es gab keinerlei Beanstandungen. 

Meine Vorgesetzten waren enttäuscht, dass ich nicht von mir aus gekündigt hatte und unternahmen unvorstellbare Anstrengungen meine Demontage weiter voranzutreiben. Meine Bemühungen, sie vor Verlusten zu warnen, die nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich erfolgten, wurden als  „abstrus“ und „fiktiv“ abgetan. Die geänderte Strategie führte zu den von mir im Vorhinein bekanntgegebenen Mehrkosten und Verlusten, vor denen ich stets gewarnt hatte und die ich nicht müde geworden war zu kritisieren. Als das erkannt wurde, war es bereits zu spät, zu spät, um die Folgen abzuwenden, zu spät für eine vernünftige öffentliche Erklärung. Es musste ein Sündenbock gefunden werden, und dafür waren alle Weichen schon seit Monaten gestellt. 

Über Nacht wurde alles zunichte gemacht und auch der Ruf des Landes wurde schwer beschädigt. Dieselben Geschäfte, die zuvor noch überprüft worden waren und bei denen es keine Beanstandungen gab, waren plötzlich „geheim“ und „unbekannt“. Auch sollte ich allein gehandelt haben, obwohl ich stets auf Offenheit, Transparenz und größtmögliche Einbindung von Kollegen und Vorgesetzten geachtet hatte. Wie konnte es so weit kommen? Nur weil ich mich gegen das System gestellt hatte? Weil ich mich geweigert hatte, blinden Gehorsam zu leisten, wider mein besseres Wissen zu agieren?  Weil ich kritisiert und gewarnt hatte vor all dem, das jetzt eingetreten war? 

Ja, ich hatte mich ab Mai 2012 einigen Weisungen meiner Vorgesetzten bewusst widersetzt und ich hatte sie kritisiert. Das hatte ich aber getan, weil meine erste Pflicht nicht ihnen, sondern dem Land Salzburg galt. Ich war schließlich dafür da, für das Land Salzburg zu arbeiten und nicht gegen seine Interessen. Die Weisungen meiner Vorgesetzten zu befolgen, hätte bedeutet, finanziellen Schaden für das Land zu kreieren. Deshalb habe ich mich widersetzt. Ich habe mein eigenes Schicksal damit besiegelt. Ich kann nur hoffen, dass es irgendwo auf der Welt Menschen gibt, die das nachvollziehen können, die sich in meine Situation hineinversetzen können, Menschen, die wie ich den Mut dazu aufbringen, für das, wovon sie überzeugt sind, einzutreten, auch wenn sie sich damit selbst schaden.

In dem System, in dem ich gearbeitet habe, war für so viel Mut und Eigenständigkeit kein Platz. Es gab keine Spielregeln dafür. Meine Vorgesetzten waren sichtlich überfordert mit der Situation. Sie wussten nicht, wie sie mit mir umgehen sollten. Sie wussten wahrscheinlich auch nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Leider haben sie nie auch nur den Versuch unternommen, über die unterschiedlichen Sichtweisen, die Konflikte und deren finanzielle Konsequenzen für das Land mit mir zu sprechen. Sie gaben mir nicht einmal die Chance, meinen Standpunkt zu erläutern. Ich erreichte mit meiner Eigenständigkeit lediglich, dass ich mir ihren Zorn, vielleicht sogar ihren Hass zuzog.

Am System zerbrochen!  An jenem besagten 6. Dezember 2012 ist all das, was ich für mein Leben gehalten habe und wofür ich gelebt habe, zerbrochen. Ich musste zur Kenntnis nehmen, dass ich mich getäuscht hatte: Ein krankes System ist von innen her, nämlich dann, wenn man selbst Teil dieses Systems ist, nicht zu heilen. Alle meine Anstrengungen für das Land Salzburg haben sich letztendlich als nutzlos erwiesen. Sie lösten sich in den Strukturen der Macht, gegen die ein Einzelner nicht ankommen kann, in Nichts auf. Und schlimmer noch: Sie wurden gegen mich ausgelegt und verwendet. Ich musste als Sündenbock für Vorgänge herhalten, die ich mit allen Mitteln abzuwenden versucht hatte.

GENRE
Biografien und Memoiren
ERSCHIENEN
2013
27. November
SPRACHE
DE
Deutsch
UMFANG
260
Seiten
VERLAG
Monika Rathgeber
GRÖSSE
3,9
 MB