Die Buße in Hartmanns "Gregorius" - Ein radikales Leben am Rande der Existenz?
Vergleich der Bußwege
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Beschreibung des Verlags
Hartmann von Aue stellt in seiner höfischen Legende ‚Gregorius’ die Geschichte eines Inzestkindes dar, das nach der Heirat mit seiner Mutter eine asketische Buße vollzieht und am Ende die Erwählung zum Papst erfährt. Die Tatsache, dass hier eine Entwicklung vom Sünder bzw. Büßer zum Pontifex Maximus stattfindet, der letztendlich Sünden vergibt, rückt die Buße in den Mittelpunkt des Geschehens und schreibt ihr elementare Bedeutung zu. Bereits im Prolog erklärt Hartmann, welche Rolle die Buße in der Religion spielt: sie ist als Indikator für die „wâre triuwe“, also den aufrichtigen Glauben an Gott, zu betrachten. Doch nicht nur Gregorius büßt in Hartmanns Werk, sondern auch seine Mutter und spätere Ehefrau. Anhand eines Vergleichs des Bußverhaltens der beiden Personen möchte ich nun die These aufstellen, dass die Buße im ‚Gregorius’ von einer gewissen Radikalität durchzogen ist und nach einem bestimmten Schema abläuft. Um einen ausführlichen Vergleich der Bußpraxis der beiden Hauptpersonen im ‚Gregorius’, also Gregorius selbst und seiner Mutter, anstellen zu können, halte ich zunächst für notwendig, die jeweiligen Umstände näher zu untersuchen.
Die Mutter Gregorius’ schlägt den Bußweg zweimal ein, zuerst nach dem Inzest mit ihrem Bruder, aus welchem Gregorius hervorgeht, ein weiteres Mal nach der Aufklärung des Inzests mit ihrem Sohn.
Die Erkenntnis der Schwangerschaft und der Sünde, die die beiden Geschwister durch den Inzest begangen haben, bringt sie in eine scheinbar aussichtslose Lage, aus der sie sich nur durch Heranziehen eines Vertrauten befreien können. In der Hoffnung, so ihr Ansehen wahren zu können, wenden sie sich an einen Alten, der ihr Vertrauen genießt und bereits als Ratgeber ihres Vaters fungiert hatte:
„Und volge wir sîner lêre:
sô gestât unser êre.“
Im Gegensatz zu ihrem Bruder, der seine körperliche Sünde ebenfalls körperlich, nämlich durch Teilnahme an einem Kreuzzug, büßen soll, rät der weise Alte der Schwester nicht dazu, sich aus der Welt zurückzuziehen: Dadurch, dass sie als Landesherrin Besitz und Macht beibehält, soll sie Barmherzigkeit walten lassen und gute Taten vollbringen. Durch diese „innerweltliche Askese“ könne sie am besten büßen, da sie mittellos, nur mit gutem Willen, nicht viel ausrichten könne und Besitz ohne eine gute Gesinnung ebenfalls fruchtlos bleibt: