Zur Konkurrenz von Verbindlichkeitsrückstellungen und Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
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Rückstellungen sind auf der Passivseite ausgewiesene Bilanzpositionen, die dazu
dienen, die betrieblichen Verpflichtungen des Kaufmanns vollständig auszuweisen.
Im handelsrechtlichen Rückstellungskatalog werden insbesondere in
§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB die Verbindlichkeits- und die Drohverlustrückstellung
genannt. Aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes, welcher in § 5 Abs. 1 EStG
kodifiziert ist, sind Handels- und Steuerbilanz eng miteinander verbunden, da für
die steuerliche Gewinnermittlung das Betriebsvermögen nach handelsrechtlichen
Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Demnach sind in
der Steuerbilanz grundsätzlich sowohl Verbindlichkeits- als auch Drohverlustrückstellungen
anzusetzen. Mit der Einführung des § 5 Abs. 4a EStG und dem
damit verbundenen Verbot zur Passivierung von Drohverlustrückstellungen wird
die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz in einem bedeutsamen
Themenbereich durchbrochen. Aufgrund der steuerlichen Nichtanerkennung der
Drohverlustrückstellung und der damit einhergehenden Erhöhung der steuerlichen
Bemessungsgrundlage gewinnt die Abgrenzung der beiden Rückstellungen an
Bedeutung. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass Steuerpflichtige geneigt sein
könnten, Verbindlichkeitsrückstellungen anzusetzen, um einen Gewinnminderungseffekt
der steuerlichen Bemessungsgrundlage zu erzielen. Folglich ist
eine klare Abgrenzung beider Rückstellungen unabdingbar und gewinnt auch für
die Praxis an Relevanz.
Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet eine kurze Darstellung der wesentlichen
Charakteristika der Verbindlichkeits- und der Drohverlustrückstellung. Im
nächsten Schritt wird eine Abgrenzung der beiden Rückstellungen vorgenommen.
Dabei muss besonders die Zwecksetzung der beiden Rückstellungen näher
betrachtet werden, um die wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten
verdeutlichen zu können. Schwerpunkt soll hierbei sowohl der zu betrachtende
Zeitraum beider Rückstellungen als auch der „Ansatz der Höhe nach“ bilden. Des
Weiteren gilt es herauszuarbeiten, unter welchen Voraussetzungen ein
Konkurrenzverhältnis besteht. Abgerundet wird die Arbeit durch eine Darstellung
des Konkurrenzverhältnisses anhand ausgewählter Anwendungsbeispiele. Darauf
aufbauend muss der Frage nachgegangen werden, ob unter Beachtung des jeweils
zugrunde liegenden Sachverhalts die Passivierung einer Verbindlichkeits- oder
einer Drohverlustrückstellung als gerechtfertigt erscheint.